12.12.2014

Ein Toast auf Frau Muzsnyai:   Nach 42 Jahren geht sie in den Ruhestand

42 Jahre lang war sie die Kiosk-Dame in Hirslanden und Ende Jahr geht sie in den Ruhestand. Gebührend feiern Anwohner ihr Abschiedsfest.

 

Seit 1972 steht Frau Ursina Muzsnyai (80) im Kiosk an der Forchstrasse 193. (Züriberg berichtete) Am letzten Freitag feierte sie mit rund 150 Personen ihr Abschiedsfest. Sie gibt den Kiosk Ende Jahr auf, dass später wegen Renovationsarbeiten vorübergehend geschlossen wird. Frau Muzsnyai kehrt nicht mehr zurück und wird ihre wohlverdiente Rente antreten. Das Quartier Hirslanden verliert einen Laden mit grossem Nostalgiewert.

 

Während eines Besuchs am selben Nachmittag wird dieser Eindruck deutlich. Zahlreiche Kunden schauen vorbei, sprechen über die mediale Aufmerksamkeit im Tages Anzeiger und in der NZZ und verabschieden sich wieder. Ein Mann tritt ein und überreicht ihr eine kleine Schachtel mit Pralinées und bedankt sich bei der stets freundlichen Kisokfrau. «Personen, die ich 20 Jahre nicht mehr gesehen habe, tauchen plötzlich wieder auf.», meint Frau Muzsnyai amüsiert, nachdem die Kunden im Laden verlassen haben.

 

«Einige werden das Fest leider verpassen, weil sie ein Weihnachtsessen haben oder bereits in die Ferien abgereist sind“, sagt sie weiter. Doch der Showroom in der Garage Sommerhalder gleich neben dem Kiosk ist am Abend gut gefüllt. Draussen brutzeln Würste von der Metzgerei Haenni auf dem Grill, drinnen blasen zwei Musiker in den Büchel – dem Alphorn sehr ähnlich, nur viel kürzer. Das Käse-Buffet mit diversen französischen Sorten verrät, dass das Bistro Le Puy ihren Beitrag geleistet hat und schmeckt mit dem servierten Rotwein und den Büürli der Familie Nieto vorzüglich. Die Lobrede von Herbert Frei, Präsident vom Quartierverein Hirslanden, ist anekdotenreich und persönlich. Auch für ihn ist jeder Kioskbesuch wie eine Zeitreise gewesen. Jeweils besorgt habe er der Kioskfrau zuschauen müssen, wie sie das Gestell erklomm um zum gewünschten Päckli Zigaretten zu gelangen. Doch dafür kennt sie ihren Laden zu gut und überreicht es dem Kunden ruhig und abgeklärt.

 

Nach der Rede ergreift eine Frau spontan das Wort und bedankt sich im Namen ihrer Kinder und erklärt, wie grosszügig Frau Muzsnyai gegenüber allen Kindern war. Um mit Frau Muzsnyai persönlich zu sprechen, muss man Schlangestehen. Manche haben ein kleines Geschenk dabei, der Tisch füllt sich mit Weihnachtsgebäck, Wein, Blumen und Schokolade. Auch junge Erwachsene stehen an. Sie möchten sich für die zahlreichen Bonbons bedanken, die sie als Kinder jeweils umsonst erhiehlten.

 

Frau Muzsnyai freut sich aufs kommende Jahr. Als erstes werde sie sich um ihren Rücken kümmern und Stunden beim Physiotherapeuten buchen. «Skifahren und Bekannte besuchen», dafür hat sie wieder mehr Zeit. Der NZZ verrät sie ihre Ambitionen beim Tanzen. «Rumba, Samba, Jive, Cha-Cha-Cha – samt gelegentlichem Auffrischungskurs, damit die Schritte nicht einrosten.», ist dort zu lesen. Und vielleicht fliegt sie schon bald zur Tochter nach Toronto um die zwei Enkelkinder kennenzulernen. «Der Jüngere ist schliesslich 28 Jahre alt.»

 

Gilles Steinmann, 13.12.2014  


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Frau Muzsnyai im Kiosk. (Bild. gst.)


Frau Muzsnyai während dem Abschiedsfest (Bildmitte). (Bild: gst.)


Vor dem Showroom der Garage Sommerhalder brutzelt die Fleischware auf dem Grill. (Bild: gst.)


Zwei Musiker mit Büchel. (Bild: gst.)